Manifest I von 1918 in englischer Originalfassung

Deutsche Übersetzung:

  1. Es gibt ein altes und ein neues Zeitbewusstsein. Das alte richtet sich auf das Individuelle. Das neue richtet sich auf das Universelle. Der Streit des Individuellen gegen das Universelle zeigt sich sowohl in dem Weltkriege wie in der heutigen Kunst.
  2. Der Krieg destruktiviert die alte Welt mit ihrem Inhalt: die individuelle Vorherrschaft auf jedem Gebiet.
  3. Die neue Kunst hat das, was das neue Zeitbewusstsein enthält ans Licht gebracht: gleichmäßiges Verhältnis des Universellen und des Individuellen.
  4. Das neue Zeitbewusstsein ist bereit, sich in allem, auch im äußerlichen Leben, zu realisieren.
  5. Tradition, Dogmen und die Vorherrschaft des Individuellen (des Natürlichen) stehen dieser Realisierung im Wege.
  6. Deshalb rufen die Begründer der neuen Bildung alle, die an die Reform der Kunst und der Kultur glauben, auf, diese Hindernisse der Entwicklung zu vernichten, so wie sie in der neuen bildenden Kunst – indem sie die natürliche Form aufhoben dasjenige ausgeschaltet haben, das dem reinen Kunstausdruck, der äußersten Konsequenz jeden Kunstbegriffs, im Wege steht.
  7. Die Künstler der Gegenwart haben, getrieben durch ein und dasselbe Bewusstsein in der ganzen Welt, auf geistlichem (geistigem) Gebiet teilgenommen an dem Weltkrieg gegen die Vorherrschaft des Individualismus, der Willkür. Sie sympathisieren deshalb mit allen, die geistig oder materiell, streiten für die Bildung einer internationalen Einheit in Leben, Kunst, Kultur.
  8. Das Organ „Der Stil“, zu diesem Zweck gegründet, trachtet dazu beizutragen, die neue Lebensauffassung in ein reines Licht zu stellen.
  9. Mitwirkung aller ist möglich durch.

    I. Als Beweis von Zustimmung, Einsendung (an die Redaktion) von Namen (genau), Adresse, Beruf.
    II. Beiträge im weitesten Sinne (kritische, philosophische, architektonische, wissenschaftliche, literarische, musikalische usw. sowie reproduktive) für die Monatsschrift „Der Stil“
    III. Übersetzung in andere Sprachen und Verbreitung der Ansichten, die in „Der Stil“ veröffentlicht werden.

Unterschrift der Mitarbeiter:
Antony Kok, Dichter
Theo van Doesburg, Maler
Piet Mondriaan, Maler
Robt. van ´t Hoff; Architekt
G. Vantongerloo, Bildhauer
Vilmos Huszar, Maler
Jan Wils, Architekt

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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