Die Revolution des Kubismus
Eine neue, epochale Wende in der modernen Kunst
1904 hat sich Picasso endgültig in Paris niedergelassen und im Bateau Lavoir, einem verwahrlosten Haus auf dem Montmartre in der Rue Ravignan Nr. 13, ein Atelier bezogen.
Im Bateau Lavoir entstand das hier gezeigte, berühmte Bild „Les Demoiselles d’Avignon“ – es gilt als die Geburtsstunde des Kubismus und als der Beginn einer neuen epochalen Wende in der modernen Kunst
Der erste der dieser neuen radikalen Kunst zum Durchbruch verhalf und „Demoiselles d’Avignon“ würdigte, war der aus Mannheim gebürtige und seit 1907 als Kunsthändler in Paris lebenden Daniel-Henry Kahnweiler. „Die linke, fast monochrome Hälfte“, so Kahnweiler, „erinnert noch an die Figuren der Rosa Periode Picassos. Diese sind allerdings – wie man damals sagte – mit Axtschlägen zurecht gehauen und viel stärker modelliert, während die andere, sehr farbige Seite den eigentlichen Ausgangspunkt der neuen Kunstrichtung darstellt.“
Die zwischen Vorhängen postierten fünf weiblichen Akte, deren Ausgangspunkt eine Bordellszene aus der Carrar d’Avinyo in Barcelona ist, gruppieren sich um ein Früchtestilleben. Figuren und Grund sind in ein Relief von geringer Tiefe eingebunden, nehmen aber eine starke Plastizität an. Harte und splittrige Formen charakterisieren die Körper, deren Kanten von hellen und dunklen Linien, Schraffuren und Linienbündeln begleitet werden. Die einsichtige Zentralperspektive ist aufgehoben zugunsten einer die Fläche füllenden Bedeutungs-Perspektive. Gerade in den hässlich entstellten Köpfen der Frauen wird so das neue Stilwollen deutlich. Die mittleren Köpfe mit den durchdringenden Augen erinnern an iberische Idole, die beiden rechten Köpfe an Negermasken.
Der Beginn des Kubismus ist gleichbedeutend mit einer neuen Körper- und Raumdarstellung und in erster Linie der bewusste Wille, in der Malerei die Kenntnis von Maß, Volumen und Gewicht wiederherzustellen.