Die Venus von Willendorf ca. 21000 v. Chr., Kalkstein,
Naturhistorisches Museum, Wien
Die weiblichen Figuren datieren aus der Periode um 21000 v. Chr. Diese »Venus«-Figuren mit ihrem charakteristisch breiten Gesäß wurden in Stein gehauen, aus Lehm modelliert oder in Elfenbein geschnitzt. Ihre berühmtesten Vertreterinnen sind die Venus von Lespugue und die hier gezeigte Venus von Willendorf, deren expressionistisch akzentuierte Formen besonders beeindrucken.

Von den Pyrenäen bis Sibirien, in Norditalien und Mitteleuropa stößt man auf technisch versierte Bildhauer, die deutlich in einer künstlerischen Tradition stehen, begegnet man freistehenden Plastiken, die ungeachtet kleiner Abweichungen in der Regel alle auf eine Urform zurückzuführen sind. Immer sind es korpulente Frauengestalten mit enormen Becken und Genitalien, massigen Brüsten und Hüften. Individuelle Züge sucht man vergebens. Der vorgeschichtliche Bildhauer würdigte das Gesicht keiner Beachtung, sondern konzentrierte sich ganz auf den Rumpf. Auch den Gliedmaßen und ihren Proportionen schenkte er wenig Aufmerksamkeit, Arme und Beine kamen dabei »zu kurz«. Diese Auffassung setzte sich in Europa bis ins Neolithikum fort und blieb auch später noch gültig. Ungefähr bis in die Bronzezeit hinein bleibt die Kunst formal derjenigen des vorgeschichtlichen Zeitalters verpflichtet.

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50