Wilhelm Lehmbruck, Der Gestürzte

Wilhelm Lehmbruck, Der Gestürzte, 1915-16,
Gips, gelb getönt, 78 x 240 x 82,5 cm
Duisburg, Wilhelm Lehmbruck Museum
„Der Gestürzte“ ist neben der Sitzfigur „Der Trauernde“ von 1917 Hauptwerk aus Lehmbrucks Berliner Zeit, nachdem ihn der Ausbruch des Ersten Weltkrieges gezwungen hatte, seinen Wohnsitz Paris zu verlassen. Sie gehört in ihrer überlegten tektonischen Gliederung, der extremen Längung der Gliedmaßen und der Vereinfachung der Form wie auch im gesteigerten Ausdruck zu den reifen Arbeiten seines Werkes. Inhaltlich reflektiert sie seine Kriegseindrücke und bringt seine Erschütterung in einer einzigen großen Geste der Verzweiflung zum Ausdruck.
Mit versetzten Beinen, das linke angezogen, das rechte zurückgesetzt, kniet die langgestreckte, überlebensgroße Figur des nackten Jünglings auf der niedrigen Plinthe, den Oberkörper weit nach vorne gebeugt und den Kopf vornüber auf den Sockel gestützt. Es entsteht ein brückenartiger Aufbau, der den Raum in die Skulptur miteinbezieht. Nicht der dramatische Sturz ist thematisiert, sondern ein Augenblick der Ruhe vor dem bevorstehenden endgültigen Zusammenbruch. Der linke Arm umfängt den Kopf, während er mit der rechten Hand ein abgebrochenes Schwert hält. Dieses Schwert, das ihn als geschlagenen Krieger kennzeichnet, ist das einzige erklärende Beiwerk – sonst ist das Werk frei von der abbildhaft-erzählerischen Auffassung zeitgenössischer Kriegerdenkmäler. In dem Lehmbruck den Krieger als Aktfigur gibt, überführt er ihn aus der speziellen Situation ins Allgemeingültige als zeitloses, nicht national gebundenes Mahnmal des Krieges

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50 

Venus von Willendor – Weibliche Figuren

Die Venus von Willendorf ca. 21000 v. Chr., Kalkstein,
Naturhistorisches Museum, Wien
Die weiblichen Figuren datieren aus der Periode um 21000 v. Chr. Diese »Venus«-Figuren mit ihrem charakteristisch breiten Gesäß wurden in Stein gehauen, aus Lehm modelliert oder in Elfenbein geschnitzt. Ihre berühmtesten Vertreterinnen sind die Venus von Lespugue und die hier gezeigte Venus von Willendorf, deren expressionistisch akzentuierte Formen besonders beeindrucken.

Von den Pyrenäen bis Sibirien, in Norditalien und Mitteleuropa stößt man auf technisch versierte Bildhauer, die deutlich in einer künstlerischen Tradition stehen, begegnet man freistehenden Plastiken, die ungeachtet kleiner Abweichungen in der Regel alle auf eine Urform zurückzuführen sind. Immer sind es korpulente Frauengestalten mit enormen Becken und Genitalien, massigen Brüsten und Hüften. Individuelle Züge sucht man vergebens. Der vorgeschichtliche Bildhauer würdigte das Gesicht keiner Beachtung, sondern konzentrierte sich ganz auf den Rumpf. Auch den Gliedmaßen und ihren Proportionen schenkte er wenig Aufmerksamkeit, Arme und Beine kamen dabei »zu kurz«. Diese Auffassung setzte sich in Europa bis ins Neolithikum fort und blieb auch später noch gültig. Ungefähr bis in die Bronzezeit hinein bleibt die Kunst formal derjenigen des vorgeschichtlichen Zeitalters verpflichtet.

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50