Impressionistin der ersten Stunde
Berühmte Malerkollegen wie Auguste Renoir, Edgar Degas oder Claude Monet waren von ihr begeistert und haben sie verehrt:

Berthe Morisot, geboren am 14.1.1841 in Bourges und verstorben am 2.3.1895 in Paris, gehörte zu den beutenden Mitbegründern des Impressionismus. Sie beteiligte sich – außer in 1877 – an sämtlichen Ausstellungen dieser revolutionären Kunstrichtung. Schon als 15 Jährige war ihr größter Wunsch Malerin zu werden. Zusammen mit ihrer Schwester Elma erhielt sie Zeichenunterricht und arbeitete ab 1857 bei dem Lyoner Maler Joseph Benoit Guichard, der die beiden Mädchen klug zu führen verstand. Durch seine Vermittlung wurde ab 1862 Jean Baptiste Camille Corot ihr Lehrer, der die weitere Entwicklung der Malerin bis Ende der Sechziger Jahre stark beeinflusste.

Deutlich wird dieser Bezug z.B. in dem hier dargestellten Landschaftsbild „Hafen von Lorient“, auf dem rechts im Vordergrund Berthes Schwester abgebildet ist: 1868 begegnete sie Edouard Manet, dessen bevorzugtes Modell sie wurde. Manet, mit dem sie freundschaftlich verbunden war, gab ihr Anleitung in der Technik des Pastells und überarbeitete gelegentlich sogar ihre Bilder.

Es ist erstaunlich, dass sie trotz Manets Präsenz künstlerisch kaum unter dessen Einfluss geriet – ihre Bilder sind stets atmosphärischer und intimer in der Aussage. Berthe Morisot pflegte instinktiv zunächst die Freilichtmalerei, worin sie vor allem Charles Francois Daubigny bestärkt haben dürfte, den 1863 in Pontoise kennengelernt hatte. Sie selbst war es, die Manet für das Malen im Freien gewann. immer wieder malte sie aber auch Interieurs und nach 1873 kaum noch Landschaften.

1874, anläßlich der ersten Impressionisten Ausstellung im Atelier des Fotografen Felix Radar, an der sie sich gegen Manets Willen beteiligte, stelle sie das hier gezeigte Bild: „Die Wiege“ aus – heute eines ihrer bekanntesten Bilder.

1875 organisierte Berthe Morisot, Alfred Sisley, Claude Monet und Pierre Auguste Renoir im Pariser Hotel Drouot eine Versteigerung, bei der der durchschnittlich Erlös 10 Francs betrug. Berthes erzielte mit 480 Francs den höchsten Preis für eines ihrer Interieur Bild 1877 heiratete sie Eugène Manet, den Bruder des Malers. Unter dem Eindruck der Werke von William Turner und John Constable, die sie 1875 in London studiert hatte, und durch ihren Aufenthalt auf der Insel Wright, von dem sie einige Marinebilder mitbrachte, war ihr Farbauftrag erstaunlich locker geworden.

Farblich gelangen ihr irisierende Effekte, bei denen die Realität manchmal nur noch angedeutet war. Um 1880 erlangte die Malerin ihre größte Reife. Bei der Impressionisten Ausstellung in diesem Jahr hinterließ sie einen sehr starken Eindruck. In der malerischen Sensibilität erreichte sie ihren Höhepunkt. Es gelang ihr vielfältige Kontraste auf bisher  ungekannte Weise zu harmonisieren. Und auch in der spontanen Technik des Aquarells zeigte sich ihr ganz spezifischer Charme. Nach dem Tode von Edouard Manet im Jahre 1883 ist eine Annäherung an den Malstil von Pierre Auguste Renoir zu erkennen, der in dieser Zeit in Auguste Dominique Ingres seinen Meister sah. Das bedeutete eine Priorität der Zeichnung und exakten Formdefinition.

Für Berthe Morisot lag die Beschäftigung mit Druckgrafiken nahe, die sie jedoch nur zwischen 1888 und 1890 schuf. Es folgten weitere Ausstellungen wie z.B. 1886  in den USA und 1887 am „Salon de XX“ in Brüssel. 1892 hatte sie ihre erste Einzelausstellung in Paris, nachdem ein Jahr zuvor ihr Mann verstorben war. Ihr Gesamtwerk wirkt wie ein familiäres Tagebuch, gleichzeitig ist es ein wesentlicher Teil der Geschichte des Impressionismus. Obwohl andere Künstler die Malerei von Berthe Morisot teilweise beeinflussten, blieb ihre Kunst immer eigenständig.

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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