Gino Severini – Dynamische Hieroglyphe des Bal Tabarin

Gino Severini entfaltet in spielerischer und dekorreicher Eleganz ein kleinteilig angereichertes Formgefüge. Statt Dramatik und Energie strömen aus seinen farbenreichen Bildern spontane und heitere Lebenslust und Lebendigkeit.
Seine Sensibilität entfaltet sich somit am klarsten in den Bildern mit nächtlichen Tanzlokalen, Varietés und Cabarets auf dem Montmartre in Paris, wo er 1912 bis 1913 eine umfangreiche Serie von „Tänzerinnen“ ausführte.
Das wichtigste dieser Bilder ist die „Dynamische Hieroglyphe des Bal Tabarin“, wobei die eingestreuten Wörter wie „Valse“ und „Polka“ Wirbel und Tanzrhythmus verdeutlichen.

Die kleinteiligen und dekorativ gemusterten Rächen, die sich wie zu einem bunten Kaleidoskop zusammenfügen, schmelzen zu einem vitalen Akkord zusammen. Das ineinandergedrängte Repertoire aus Musikhalle, Tänzerinnen, Tischen, Stilleben und Wimpeln feiert die Festlichkeit der Großstadt Paris.

Severini spricht selbst von einem „orchestralen Stil“, der das ganze „Leben der Materie erfaßt“, und vergleicht die Bewegung des Meeres mit einer Tänzerin: „Das Meer mit seinem Auf-der-Stelle-Tanzen, seinen Zickzack-Bewegungen und seinen funkelnden Kontrasten von Silber und Smaragd ruft in meiner bildnerischen Sensibilität die sehr nahe Vision einer Tänzerin hervor, die mit glänzendem Flitter bedeckt ist, in ihrer Umgebung von Licht, Geräusch und Tönen.“

Gino Severini, Dynamische Hieroglyphe des Bal Tabarin, 1912
Öl auf Leinwand 165 x 156,5 cm, New York, Museum of Modern Art

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Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50 

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Carlo Carra – Begräbnis des Anarchisten Galli

Carlo Carrà führt uns zu einer „Malerei der Töne, Geräusche und Gerüche“, wie sein Manifest von 1913 tituliert ist. Er fordert hier die Abkehr vom „rechten Winkel“ und verlangt, „die Kugel, die rotierende Ellipse, den auf den Kopf gestellten Kegel, die Spirale und alle dynamischen Formen… die Echos der in Bewegung befindlichen Linien und Volumen“. Alle diese Elemente, so Carrà weiter, seien auch in seinem Bild „Begräbnis des Anarchisten Galli“ zu finden. Besonders über dieses Gemälde war in der ersten Futuristenausstellung 1912 in Paris heftig diskutiert worden, da es dem logischen Intellekt und der Klarheit der Formensprache einen „Wirbel von Empfindungen“ entgegenstellt.

Darüber hinaus gehört dieses Frühwerk zu den dramatischsten Kompositionen des Künstlers, der hier ein persönliches Erlebnis in dichten Bewegungsschüben und in einem heftigen rot-braunen Kolorit zusammenbindet. Über der in wechselnden Richtungen auseinanderjagenden Menschenmenge ragen Arme mit Fahnen und Stangen, die auch die glühende Sonnenscheibe bedrohen. Die Menschen haben sich zu einer ziellosen Masse zusammengeballt, durch die wie Blitze und Feuerzungen die roten Lichtbahnen zucken. Ereignisbild und Großstadtvision, Anarchie und Leidenschaft fallen hier in einmaliger Weise zusammen.

Carlo Carra, 1881-1966, Begräbnis des Anarchisten Galli, 1911
Öl auf Leinwand, 199 x 259 cm, New York, Museum of Modern Art

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Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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Marcel Duchamp: AKT – Eine Treppe hinabsteigend

In seinem Werk: „AKT“ betont Marcel Duchamp in dem Bewegungsdiagramm den roboterhaften Mechanismus eines Körpers, der sich allein in der Monochromie von Brauntönen marionettenhaft bewegt. Die Motive Nacktheit, Maschine, Bewegung, Hülle, Zertrümmerung treten auf diese Weise noch deutlicher hervor und veranlassten Duchamp dazu, die Malerei zugunsten des Objektes aufzugeben. „Ich interessiere mich“, so Duchamp, „für Ideen, nicht für visuelle Ergebnisse.“ 

Marcel Duchamp, 1887-1968, Akt, eine Treppe hinabsteigend Nr. II, 1911-12
Öl auf Leinwand 147,5 x 89 cm, Philadelphia, Museum of Art

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Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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Lyonel Feininger– Brücke III

Lyonel Feininger, 1871 – 1956
Brücke III, 1917
Öl auf Leinwand, 80,5 X 100 cm
Köln, Museum Ludwig

Das Bild reflektiert Lyonel Feiningers Auseinandersetzung mit dem Kubismus: Die Welt ist wie durch einen Kristall gesehen und in prismatische Facetten aufgesplittert. Im Gegensatz zur analytischen Formzertrümmerung der Kubisten suchte Feininger jedoch eine feste Bildordnung; Raum, Licht und Atmosphäre bleiben unangetastet.

Feininger, für den der geistige Gehalt seines Motivs von großer Wichtigkeit war, bereicherte den kubistischen Formalismus um eine poetische Komponente. So standen in seinen Bildern Brücke für Unendlichkeitssehnsucht und für das Erlebnis der ewigen Wiederkehr des Gleichen. In einer reich differenzierten Palette von Erdtönen sind hier, vielfach gebrochen, die Schattierungen des Lichts eingefangen, spiegeln sich Luft und Wasser in transparenten Flächenplänen, aus deren Mitte, organisch eingefügt und in gedämpftem Blau und Gelb, die Brücke auftaucht. Scharfkantig. Die ständige Wiederholung derselben spitzen Formen erinnert stark an futuristische Bewegungsmomente.
Die harmonische Bildordnung, die Feininger anstrebte, erreichte er hier ungeachtet der zersplitterten Motive durch ein statisches Bildgerüst, in dem die Diagonalen in einem fragilen Gleichgewicht aufgefangen werden.

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Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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