Vincent van Gogh – Junges Mädchen in einem Gehölz

VINCENT VAN GOGH „Junges Mädchen in einem Gehölz“,
Den Haag, August 1882
Öl auf Leinwand, 39 x 59 cm
Otterlo, Rijksmuseum Kröller-Müller

Nachdem Vincent aus seinem Heimatort Etten nach Den Haag gezogen war, freundete er sich dort mit dem Maler Anton Mauve (1838 – 1888) und weiteren Mitgliedern der sogenannten „Haager Schule“ an. Von Mauve wurde er im Malen und Aquarellieren unterrichtet und fertigte unter seiner Obhut die ersten Ölbilder, unter anderem: „Junges Mädchen in einem Gehölz“.

Das Gemälde entstand im August 1882 in den Wäldern bei Den Haag. In einem Brief an seinen Bruder Theo erwähnte Vincent diese Waldstudie, die auf einem mit trockenem Laub bedeckten Waldboden, zwischen großen, grünen Buchenstämmen, die kleine Gestalt eines in Weiß gekleideten Mädchens zeigt. Er erklärte Theo die Probleme, die er mit der richtigen Darstellung der Perspektive hatte, und meinte weiter: „Der Wald muss so sein. dass man förmlich darin atmen und umhergehen kann, ja, seinen würzigen Duft verspürt.“ In dieser Studie beschäftigte sich Vincent mit der Einbettung einer menschlichen Gestalt in die sie umgebende Landschaft. Es gelang ihm, mittels einer diagonal verlaufenden Anordnung der gezeigten Baumstümpfe und deren Größenabnahme, Raumtiefe zu suggerieren. Das Mädchen, an einen Baum gelehnt, ist die Bezugsgröße für die räumliche Dimensionierung.

Auszug aus dem eBook:

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50 

Jan Vermeer, Allegorie der Malerei

JAN VERMEER, Allegorie der Malerei, um 1673
Öl auf Leinwand, 130 x 110 cm,
Wien, Kunsthistorisches Museum

Über einen zurück geschlagenen prächtigen Brokatvorhang fällt der Blick in das lichterfüllte Atelier eines Malers, der in einem historischen Festgewand mit dem Rücken zum Betrachter an der Staffelei sitzt, um das Modell zu malen, das als Klio, Muse der Geschichte, posiert. Auf ihre mythologischen Schwestern, die Architektur und die Bildhauerei, mag durch die Gipsmaske und das aufgeschlagene Buch auf dem Tisch verwiesen sein, so daß, wie vielfach angenommen, Vermeer in dieser Arbeit die Überlegenheit der Malerei gegenüber diesen Künsten thematisiert haben könnte. Die Pracht des Ateliers spräche dafür.

Die Landkarte im Hintergrund zeigt Holland und in den seitlichen Vedutenansichten die damals größten Städte des Landes. Hiermit wie durch die Inschrift oberhalb der Karte wird Bezug auf die politische Lage der Niederlande genommen, so dass die Darstellung möglicherweise ein kritischer Blick des Künstlers auf die Verhältnisse im nördlichen Holland ist. Eine endgültige Sinndeutung dieses mehrschichtig allegorischen Bildes ist nicht möglich. Der Reiz des Werkes liegt im Visuellen, in der subtilen, von Blau, Gelb und Weiß getragenen Farbgebung und der Lichtführung. Das links von einem nicht sichtbaren Fenster einfallende Licht schafft eine Einheit zwischen Mensch und dinglicher Welt, wie sie die intimen, lichtreichen Innenraumdarstellungen von Vermeer häufig auszeichnet.

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50 

Auguste Rodin – Der Mond

Bleistift gewischt, Aquarell und Gouache auf cremefarbigem Papier
H. 0,327 m; B. 0,254 m
Bleistiftnotiz oben; „la lune“ und unten; „bas“
Signatur mit Bleistift unten links; Rodin
Inv. D. 4684“

Rodin fühlte sich in seinen Zeichnungen von Begriffen des Weltalls angezogen. Eine schlafende Frau – wie auf dieser Zeichnung dargestellt – wird von ihm „Mond“ getauft. Er ist der Stern der Poeten, und Rodin wehrt sich nicht gegen diesen poetischen Titel. Er macht daraus eine Skulptur, die Erde und Sonne verbindet. So wie dieses Blatt stellen um die fünfzig Zeichnungen – soviel wie Wochen im Jahr – in seinen zeichnerischen Arbeiten Planeten dar, und so ruht der Schlaf, die Mondsichel, in perspektivischer Verkürzung auf Wolkenkissen. Zwei Arme genügen eine Segnung darzustellen, ohne den Boden der Realität zu verlassen.

Wie dem hier gezeigten Mond begegnet man in seinen Notizen: Stern, Meteor, Komet, Konstellation, Eklipse und Wolke mit derselben bedeutsamen Realität. Wie aus den Händen des Schöpfers oder Michelangelos erwachsen aus der Hand Rodins die Morgenröte und der Tag, die Dämmerung und die Nacht und es ist dennoch eine Frau, die im Wirbel der Schatten aus ihren Schleiern geschlüpft ist. “

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50 

Henri de Toulouse-Lautrec, Jane Avril beim Tanzen

Henri de Toulouse-Lautrec, Jane Avril beim Tanzen,
um 1892, Öl auf Karton, 85,5 x 45 cm, Paris, Musée d´Orsay
Jane Avril (1868 -1923), die den Künstlernamen »La Mélinite« (die Explosive, nach dem Sprengstoff Melinit) trug und außer im Moulin Rouge auch im Jardin de Paris als Solotänzerin auftrat, war neben Louise Weber (»La Goulue«, die Gefräßige) und dem weiblichen Clown Cha-U-Kao eine der nachhaltigsten Inspirationsquellen Toulouse-Lautrecs in der Halbwelt von Paris. Ausdruck seiner Faszination sind Porträts in verschiedenen Situationen, so Jane Avril »La Mélinite« (1892), Jane Avril im »Divan Japonais~( (1892) und Jane Avril, Moulin Rouge verlassend, Jane als Tanzende und als Part der Staffage.

Das Porträt Jane Avril beim Tanzen verzichtet auf überflüssige Details; lediglich in der Loge im Hintergrund ist der von der Lithografie Der Engländer im Moulin Rouge (1892) bekannte Mr. Warner mit einer Dame zu erkennen. Der Unter- und Hintergrund der Tanzenden besteht aus einem Geflecht von fahrigen grünen, gelben und blauen Pinselstrichen, die durch ihre Anordnung der an sich starr eingefangenen Tanzpose dynamische Bewegung verleihen. Die in ihren Konturen betonte Figur hebt sich vor allem im bläulichweißen Musselinkleid stark von den hinterfangenden Farben ab.

Das Blauschwarz – weniger von Janes typischem Hut als von ihrem Unterrock, den Strümpfen und Schuhen – evoziert einen Eindruck des Verderbten, gerade auch in Korrespondenz mit dem Unschuld vorspiegelnden Weiß des Kleides. Ungeachtet der akrobatisch wirkenden Tanzhaltung scheint Janes Gesicht von einer teilnahmslosen Nonchalance, einer süffisanten Arroganz gegenüber der zuschauenden Männerwelt geprägt.

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

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Wilhelm Lehmbruck, Der Gestürzte

Wilhelm Lehmbruck, Der Gestürzte, 1915-16,
Gips, gelb getönt, 78 x 240 x 82,5 cm
Duisburg, Wilhelm Lehmbruck Museum
„Der Gestürzte“ ist neben der Sitzfigur „Der Trauernde“ von 1917 Hauptwerk aus Lehmbrucks Berliner Zeit, nachdem ihn der Ausbruch des Ersten Weltkrieges gezwungen hatte, seinen Wohnsitz Paris zu verlassen. Sie gehört in ihrer überlegten tektonischen Gliederung, der extremen Längung der Gliedmaßen und der Vereinfachung der Form wie auch im gesteigerten Ausdruck zu den reifen Arbeiten seines Werkes. Inhaltlich reflektiert sie seine Kriegseindrücke und bringt seine Erschütterung in einer einzigen großen Geste der Verzweiflung zum Ausdruck.
Mit versetzten Beinen, das linke angezogen, das rechte zurückgesetzt, kniet die langgestreckte, überlebensgroße Figur des nackten Jünglings auf der niedrigen Plinthe, den Oberkörper weit nach vorne gebeugt und den Kopf vornüber auf den Sockel gestützt. Es entsteht ein brückenartiger Aufbau, der den Raum in die Skulptur miteinbezieht. Nicht der dramatische Sturz ist thematisiert, sondern ein Augenblick der Ruhe vor dem bevorstehenden endgültigen Zusammenbruch. Der linke Arm umfängt den Kopf, während er mit der rechten Hand ein abgebrochenes Schwert hält. Dieses Schwert, das ihn als geschlagenen Krieger kennzeichnet, ist das einzige erklärende Beiwerk – sonst ist das Werk frei von der abbildhaft-erzählerischen Auffassung zeitgenössischer Kriegerdenkmäler. In dem Lehmbruck den Krieger als Aktfigur gibt, überführt er ihn aus der speziellen Situation ins Allgemeingültige als zeitloses, nicht national gebundenes Mahnmal des Krieges

Friedrich II. – Missbrauch eines Mythos – Richard von Weizäcker

7,50